Flugvorbereitung – Fluch oder Segen (1)

Ein Vereinskamerad sagte einmal: „Warum soll ich für den Flug nach xxx eine Vorbereitung machen? Ich nehme doch zuhause auch nicht den Bauplan mit, wenn ich auf‘s Klo gehe!“

Gut, zugegeben, der Kommentar war witzig. Aber lasst uns doch mal etwas intensiver darüber nachdenken. Warum mache ich eine Flugvorbereitung?

  • Ich bin rechtlich dazu verpflichtet (gähn)
  • Es macht Spaß
  • Es bringt Sicherheit
  • Es trainiert
  • Es ist professionell

Betrachten wir die einzelnen Punkte mal etwas näher. Der erste Punkt findet wahrscheinlich den geringsten Widerspruch, zumindest bei denjenigen, die sich noch ein wenig an ihren Theorieunterricht erinnern. Kurz zur Auffrischung: §3a Abs. 1der LuftVO sagt eindeutig „Bei der Vorbereitung des Flugs hat der Luftfahrzeugführer sich mit allen Unterlagen und Informationen, die für die sichere Durchführung des Flugs von Bedeutung sind, vertraut zu machen […]“. Auch wenn das vom Umfang der erforderlichen Vorbereitung etwas dehnbar ist, so ist die grundsätzliche Pflicht unbestreitbar. Sobald der Flug über die Umgebung des Flugplatzes hinaus geht, wird die LuftVO etwas spezifischer: „ […] hat sich der Luftfahrzeugführer über die verfügbaren Flugwettermeldungen und -vorhersagen ausreichend zu unterrichten. Vor einem Flug, für den ein Flugplan zu übermitteln ist, ist eine Flugberatung bei einer Flugberatungsstelle einzuholen. […] “. Aha, für die meisten von uns bedeutet das, dass zumindest ein Wetterbericht eingeholt werden muss.

Aber so richtig griffig ist das alles immer noch nicht. Es wird Zeit für einen kleinen Diskurs: Was gehört zu einer Flugvorbereitung? Hier eine kurze Liste von Dingen, die ich typischerweise dazu zähle:

  1. Wetterberatung
  2. Anflugkarten von Start-, Ziel- und Ausweichflugplatz
  3. Letzte Flugsicherheitsinformationen über Flugplätze, Flugstrecke, Lufträume, NAV-Aids (Notams über VFR Bulletin und aktuelle Ergänzungen über AIS oder Internet)
  4. Informationen über Öffnungszeiten und sonstige Beschränkungen (z.B. Kraftstoff, Mittagszeiten, Lärmschutz)
  5. Kartenvorbereitung

Bei vorliegen bestimmter Faktoren (Flugzeit, marginales Wetter, Grenzwerte bei Start- und Landebahn, kritische Zuladung) kommt noch hinzu:

  1. Flight Log
  2. Mass & Balance
  3. Start- und Landestrecke
  4. Point of no Return Berechnung
  5. Kraftstoffbedarfsrechnung / Howgozit

Details zu den einzelnen Punkten sind ein abendfüllendes Programm und ich werde sicherlich das eine oder andere Thema in diesem Blog tiefer behandeln. Allerdings erkennt man schon ein wesentliches Element meiner Philosophie zur Flugvorbereitung: Es muss nicht immer das volle Programm sein und gewisse Vereinfachungen sind unter klar umgrenzten Bedingungen in Ordnung. Aber ein paar Dinge sollten immer gemacht werden, wenn der Flug über die Umgebung des Flugplatzes hinausgeht (Überlandflug, nur das interessiert uns hier).

Die gute Nachricht: Für einen kürzeren Flug von bis zu 100NM sind mit ein wenig Übung kaum mehr als 30 Minuten für die Flugvorbereitung zu veranschlagen.

Und damit kommen wir zum zweiten Punkt: Es macht Spaß! Wie bitte? Aber sonst ist alles in Ordnung? Nun ja, zumindest für mich ist die Flugvorbereitung der Beginn eines Rituals, mit dem der Flug beginnt. Die Gelegenheit, mich mental auf den Flug einzustimmen, eine Grundstimmung zu erreichen. Mich zu fokussieren, aus dem Tagesgeschäft zu verabschieden und in die Welt der Fliegerei einzutauchen. Es zwingt mich, den bevorstehenden Flug zu durchdenken und mich mental auf die bevorstehende Aufgabe vorzubereiten. Versucht doch einfach mal, die Flugvorbereitung unter diesem Aspekt zu betrachten. Der anschließende Flug wird viel mehr Freude bereiten, da die Wahrnehmung von Details durch die mentale Vorbereitung geschärft wurde.

Nachdem wir uns dem Spaß-Aspekt gewidmet haben, möchte ich auf den nächsten und ernsthafteren Punkt eingehen, dem Thema Sicherheit. Kaum jemand wird hier zweifeln, trotzdem noch einmal ein paar Überlegungen zu objektiven Aspekten des praktischen Nutzens einer sinnvollen Flugvorbereitung:

  • Entspannteres Fliegen, da viele navigatorische Aufgaben bereits im Vorfeld erledigt wurden. Mehr Zeit für die Luftraumbeobachtung und Triebwerksüberwachung.
  • Keine unnötige Hektik im Cockpit bei der Suche nach Frequenzen, Karten, usw.
  • Geringeres Risiko, sich zu verfranzen, da wichtige Auffangpunkte bereits im Vorfeld festgelegt wurden und durch das konsequente Arbeiten mit Kompass und Uhr (ja ja, ich weiß, brauchen wir alles nicht, wir haben GPS) auch ein verfehlter Checkpunkt kein Problem darstellt. Mit einer guten Kartenvorbereitung (Kurse, GS-Berechnung, Time Ticks) wird die Koppelnavigation zum Kinderspiel und bringt, trotz GPS, noch ein zusätzliches Sicherheitselement.
  • Wir wissen, wie das Wetter auf der Strecke und am Zielflugplatz sein wird. Eine Risikoabwägung hat im Vorfeld eine gesunde Marge zu unseren persönlichen Grenzen ergeben (z.B. Crosswind bei Start und Landung, geringe Sichten in Bezug zu unseren navigatorischen Fähigkeiten und der Ausrüstung, etc.).
  • Keine unnötige Änderung des Planes in letzter Minute, weil uns Informationen fehlen (z.B. Flugplatz über Mittagszeit geschlossen, Landebahn nicht verfügbar, kein Sprit verfügbar, etc.).

Eine gute Flugvorbereitung (und wie schon gesagt, gut bedeutet nicht maximal, sondern angemessen und dem Zweck dienend) verhilft uns zu einer entspannten Flugdurchführung. Wie sagte Hannibal vom A-Team immer so schön: „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!“

Also gut, Flugvorbereitung ist nicht nur Pflicht, sie kann auch Spaß machen und dient meiner Sicherheit. Was hat es mit Training auf sich? Ganz einfach: Niemand wird widersprechen, dass komplexe Flugvorhaben einer detaillierteren Vorbereitung bedürfen als einfache Flüge. Effiziente und effektive Flugvorbereitung sowie die anschließende Abarbeitung des Planes (der Flug!) bedürfen aber eines gewissen Trainings, nicht zuletzt, um das Vertrauen in die Methoden herzustellen. Hand auf‘s Herz, wer traut dem Kompass und der Uhr bei 1,5km Sicht und 500 ft Untergrenze, wenn man das nicht ein paar mal vorher bei besseren Bedingungen ausprobiert hat? Wenn man nicht regelmäßig mit dem Knemeyer (ja, ist so richtig geschrieben — geht auf den Erfinder des Dreieckrechners zurück, „Drehmeyer“ ist eine Verballhornung des Namens) rechnet, wird man in dem Moment, wo man ihn wirklich braucht, einigermaßen ratlos sein.

Regelmäßige Übung der Flugvorbereitung und der anschließenden Umsetzung des Plans nimmt den Schrecken vor komplexeren Flugvorhaben. Es gibt uns die Möglichkeit, uns systematisch weiter zu entwickeln. Ganz nebenbei, es macht Spaß, dient der Sicherheit, und eigentlich bin ich dazu verpflichtet (äh, das erwähnte ich schon, oder?).

Der letzte Punkt auf meiner Liste: Es ist professionell. Na und? Nun, es gibt die unterschiedlichsten Gründe, sich bei den professionellen Kollegen etwas abzuschauen. Die Leute verdienen ihr Geld damit, die machen Dinge nicht zum Selbstzweck, sondern weil es Sinn macht. Es ist für Privatflugzeugführer (wie ich auch einer bin) ein durchaus erstrebenswertes Ziel, in der Art und Weise ihrer Fliegerei an ein professionelles Niveau heranzukommen … und ich denke, nicht wenige werden mir hier zustimmen.

Ich hatte das große Glück, meine Bundeswehrzeit beim AIS der Hohn AFB beim LTG 63 absolvieren zu dürfen. Zwei Jahre lang habe ich Profis bei der praktischen Arbeit beobachten dürfen … und viel gelernt. Für diejenigen, die diese Einblicke nicht hatten: Briefings, Standardisierung, Vorbereitung, Planung … das sind die Schlüsselworte der professionellen Fliegerei. Wenn man sieht, mit welcher Routine die Flugvorbereitung abgearbeitet wird, dann hat man eine Idee, wie so etwas funktionieren kann. Aus eigener Erfahrung habe ich dann gelernt, das klappt auch im Umfeld der allgemeinen Luftfahrt. Der Schlüssel ist viel Übung und Regelmäßigkeit.

Deshalb mein Aufruf: Nutzt die Möglichkeit zum Training, bereitet Eure Flüge vernünftig vor. Es macht Spaß und ist der erste Schritt in Richtung der professionellen Fliegerei.

Wie man den Prozess der Flugvorbereitung systematisiert, vereinfacht und welche Tipps und Kniffe dabei zu beachten sind, wird Bestandteil zukünftiger Blogs sein. Also regelmäßig mal reinschauen oder einfach den RSS Feed abonnieren.

Hals und Beinbruch, bis zum nächsten Mal …

Jens

One thought on “Flugvorbereitung – Fluch oder Segen (1)

  1. Flugvorbereitung ist ein Segen. Seit deiner Einweisung auf die D-EFUK lebe ich diesen Gedanken, auch in der allgemeinen Luftfahrt ein Profi zu sein. 23 Jahre fliege ich schon als Pilot ohne Zwischenfall oder Unfall. Dank meines Schweizer Fluglehrers, der ebenfalls so akribisch ist wie du, konnte ich eine perfekte Alpeneinweisung erfahren.

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